News rund um die Bunk-Orgel

weitere Dokumente zur Orgel in St. Reinoldi

16.Sept.2008
Wir haben zwei weitere hochinteressante Dokumente zur Bunk-Orgel in St. Reinoldi hier eingebracht: (aus: Hans Uwe Hielscher: XVI Orgelstudienfahrt 27. März 1982)dortmundst.reinoldihielscher.pdf [27 KB] und Max. Lorf: Die Reinoldi- Orgeln von 1909 und 1958 und Gerard Bunk
(aus „Festbuch Max Reger- Fest Dortmund 1960) dortmundst.reinoldilorf.pdf [9 KB]

weiterer Briefwechsel

15.Sept.2008
Sehr geehrter Herr,
zum Material folgendes: wenn man Plastikwinkel, Alutraktur, Pappkondukten, Zinkpfeifen mit schlechter Alufarbe, eine verlotterte Verkabelung, wenn man all dies über Jahre vergammeln lässt und in psychologisch durchgestylte Fotos verpackt, dann bekommt jedem, auch dem naivesten Laien das Grausen. War übrigens die Technik in den 60er Jahren, wie man Taschen- und Kegelladen schlecht gemacht hat.
Würde man hier umgekehrt ein paar Werkfotos vor dem Verlassen solcher Orgelteile aus der Werkstatt dazu setzen, so würde sich das Bild etwas wandeln.- Wobei ich keinesfalls dafür die Rede halten wollte, dass Material keine bedeutende Rolle spielt. Sondern meine Rede ist, dass das Material immer eine Sache der Zeit war, wie übrigens auch das Denkmalamt argumentiert, dass Instrumente erhalten werden sollen in ihrer Material-Substanz, die zeittypisch ist.
Wissen Sie, warum man überhaupt über Material diskutiert? Weil in diesem Bereich gerade jeder Baumarktwerkler meint mitreden zu können, und die Offensichtlichkeiten endlich ihm etwas Konkretes an die Hand geben, um über den Orgelbau seine vernichtende Kritiken ablassen zu können. Denn über die Klangästhetik oder Disposition und historischen Notwendigkeiten zu schwätzen, da braucht es mehr als ein paar gestylte Fotos.
Die Materialfrage hat hohe Priorität, aber im anderen Sinne, als sich das der Laie vorstellt, das merkt der Orgelbauer erst, wenn er mit einem guten Sachverständigen zusammengearbeitet hat, das war der Chef vom Denkmalamt in Stuttgart, Dr. Könner, der heute in Bayern ist, der eine ganz geradlinige Auffassung davon hatte, dass das bestehende Material erhalten werden muss, weil es mit der Orgel und der Zeit verwoben ist, und weil eine Orgel nur in dieser Materialkonstanten auch ihre typischen Eigenheiten voll entfalten kann.
Seit dieser Zeit ist mir klar geworden, dass es kein gutes und schlechtes Material gibt sondern nur zeittypisches Material, das unterschiedlichen Ökonomien unterlegt wurde. Denn am Material gespart haben auch die großen Meister. Besonders bekannt sind hier Auffälligkeiten bei Andreas Silbermann.
Die Motive von Herrn Müller in Reinoldi halte ich prinzipiell aus seiner Perspektive für konsequent.
Wo bei mir die Fragen auftreten, ist, dass heute eine Gesellschaft es sich nicht erlauben kann jedem „Genie“ oder „eingebildetem Genie“ (wir werden das ja erst Generationen später erfahren was die Wahrheit war) hinterherlaufen kann und abholzen darf, weil gerade im Orgelbau die Beweise auf dem Tisch liegen, dass aufeinander folgende Epochen ihre Vorgänger auslöschen wollen, was ich als organolen Ödypuskomplex bezeichnet habe. Ödypus tötet immer seinen Vater, die davor vorhergegangenen Generationen respektiert er.
Dazu kommt, in einer Zeit die „blind“ wissenschaftsgläubig ist, dass gerade diese Wissenschaften sagen: „wenn ihr so weiter macht, habt ihr irgendwann die Zukunft eurer Kinder zerstört.“ (Das "irgendwann" hat man verschieden interpretiert: in 50 Jahren etc., heute wissen wir, dass jeden Moment, der Zeitpunkt überschritten sein kann!)
Wir werden in 30 oder 40 Jahren nicht hören, man war das von Euch blöde die tolle Orgel in Reinoldi kaputt geschlagen zu haben, die doch so schön geklungen hat, nein, das hören wir nicht. Sondern, wir werden hören, dass wir schon vollkommen verrückt waren, im Angesicht einer Öko-Katastrophe eine Orgel abzureißen, die durch ein anderes Instrument ersetzt wurde, das über 30cbm Eiche, über 4 Tonnen Zinn-Bleilegierung und weitere Rohstoffe ersetzt wurde, was 50.000 cbm reines Wasser verbraucht hat, die dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Argumente, die man bei einem ganz normalen Orgelneubau so nicht hören würde.
Bei einer solchen Argumentation hätte die Orgel, als Verkündungsorgan christlicher Heilsbotschaften, keine Chance mehr zu überleben.
Es grüßt Sie aus Bukarest,
Gerhard Walcker-Mayer

...die Orgel, ein Gesellschaftsproblem?

dieses Schreiben ist ein kleines Antwortschreiben von mir an einen begeisterten Organisten, der die Ignoranz gegen die Orgel schlechthin nicht verstehen kann....
14.Sept.2008
Sehr geehrter Herr,
ich kenne die Reinoldi-Orgel wenig, die Gelsenkirchener schon besser, und ich habe mein halbes Leben mit Orgeln der 50er und 60er Jahre verbracht. Daher kann ich heute gut nachvollziehen, dass man andere Klänge will.
Die Wiederkehr der Spätromantik als Klangideal wäre mir durchaus verständlich. Nur haben alle diese Leute, die Romantik im Munde führen überhaupt keine Vorstellung von Reger und noch weniger von den Orgeln jener Zeit. Da ist der Artikel von Martin Sander „französische Fallen in deutscher Romantik“ im Ars Organi, schon zum rechten Zeitpunkt erschienen, doch wer liest das?
Die Orgel aus dem Gelsenkirchener Hans Sachs-Haus in diese Kathedrale zu überführen, das wäre eine äußerst problembehaftete Angelegenheit geworden, die aber wenigstens unter dem Aspekt der Ökonomie gerechtfertigt gewesen wäre – und nur unter diesem Gesichtspunkt. Denn überlegen Sie mal, wie ein Pfeifenwerk, das auf einer Konzertsaalorgel mensuriert war, vorher auf Taschenladen stand, nun auf Schleifladen, in einer doppelt so großen Kirche klingt. Die großen Magazinbälge gab es zu dieser Zeit nicht mehr und die Qualität dieser Zeit war bereits am sinken. Der Unterschied von der jetzt bestehenden Orgel ist so gut wie nicht erklärbar.
Es ist, wie es immer ist, wenn man aus eigener Kraft keine erneuernde Metamorphose erschafft, dann müssen Bäume gefällt werden und große Plakate an die Wand geklebt werden: jetzt kommt was ganz Tolles daher. Das ist der Urgrund unserer Zivilisation, die absolut keine Kultur darstellt, sondern ein Schein-Schaffen, welches nicht aus dem Inneren, sondern sich nur am Äußeren orientiert. Irgendwelche Geldleute werden aktiviert, weil bei uns heute nur das noch was zählt, was in teurer Münze bezahlt werden muss, und alles muss laut und farbenfroh daher geschwätzt werden. Je lauter, je bunter und je weniger es an der Sensibilität ausgerichtet ist, desto besser ist es für die Bild- und TV-idiotische Gesellschaft.
Ich glaube daher nicht, dass sich irgendetwas in Sachen Orgel demnächst ändern wird, weil die Orgel deswegen verliert, da sie auf Anmut und Stille, auf ein hohes Maß an innerer Lebendigkeit ausgerichtet ist, was heute einfach gesellschafts-untypisch ist. Sie umzubiegen auf die Lautheit der großen dummen Masse, geht schon deswegen nicht, weil wir eine verinnerlichte Religiösität mit J.S.Bach und Orgel haben, die das nicht zulässt. Wir haben mit der Orgel eben ein Kultinstrument, das Kultur und Poesie in komprimiertester Form in sich einschließt. Und die den Zugang zu sich mit einem geheimnisvollen Schleier allem Tölpelhaftem versperrt. Jetzt aber zu sagen: „Orgelmusik interessiert ja keinen mehr“ – ist ein fehlerhafter Umkehrschluss, denn die Orgel hat sich bewahrt.
Wahrscheinlich hilft uns nur der Glaube, dass die Orgel irgendwann als Rettungsanker wieder zurück ans Licht der großen Religionen kehrt, wenn alles andere jämmerlich verbrannt ist und keinen mehr interessiert. Das aber, so schätze ich es ein, wird noch Generationen dauern.
Mit besten Grüßen
Gerhard Walcker-Mayer

Antrag beim Denkmalamt

Heute, am 25.Aug. 2008 haben wir Antrag beim Denkmalamt Dortmund gestellt, die Bunk-Walcker-Orgel in St. Reinoldi, Dortmund, in die Denkmalliste aufzunehmen und vorläufig unter Schutz zu stellen. antragdenkmal.pdf [79 KB]

Bunk-Video

auf unseren Video-Seiten gibt es seit langem schon ein Kurzvideo mit Gerard Bunk unterlegt mit seiner Komposition "Legend"

3.Aug.08
Wir haben sehr gewichtige Stimmen aus Kirchenmusikerkreisen, welche die Erhaltung der Bunk-Walcker-Orgel in Reinoldi fordern. Momentan sind wir beschäftigt Erlaubnis zur Veröffentlichung einzuholen.

31.Juli 2008
meine Eingabe bei der Baudenkmalpflege Dortmund
: also ich habe hier fast eine Stunde aus Bukarest mit der Denkmalpflege gesprochen. Es besteht momentan kein Handlungsbedarf, weil in Do-St.Reinoldi kein Geld zur Verfügung steht. Denn zuvor muss der Kirchturm gerichtet werden. Man hat die Orgel in Erwägung gezogen als Denkmal anzuerkennen, es wurde aber von Kantor und Sachverständigem dagegen argumentiert. Ich habe darauf hin gewiesen, dass deren fachliche Kompetenz in Zweifel zu ziehen ist, und dass wir weitere Eingaben machen wollen, bekannte und unbestrittene Fachleute dazu ihre Meinung sagen zu lassen. Dies wurde vom Denkmalamt ausdrücklich begrüßt. Nun auf meine Damen und Herren, bringen Sie uns Ihre Meinungen und Fachaussagen, bringen Sie international akzeptierte Fachleute, die das Weiterbestehen dieses Instrumentes ausdrücklich bestätigen. Damit erhalten wir die Orgel. (gwm)

denkmalschutzgesetz.pdf [36 KB]  

27.Juli 2008
Neues zur Bunk-Walcker-Orgel
in St. Reinoldi Dortmund und der Orgelinitiative. Wir haben aus dem näheren Kreis um die Dortmunder-Reinoldi-Orgel eine Menge Emails bekommen, die nun den Schluss zu lassen, dass viele Leute sich Gedanken machen. Wir hoffen nur, dass sich die dortigen Pastoren ein offenes Ohr auch für andere Stimmen erhalten haben und sich und ihre Gemeinde nicht voreilig in ein Abenteuer stürzen, das in naher Zukunft schon als solches entlarvt werden dürfte. Wir erhalten aus dem Orgelsommer 2002 Orgel-Aufnahmen durch Buttmann, Stockmeier und Staschick, die viele Orgelfreunde sehr positiv bewerten werden, so dass eine Verschrottung dieser Orgel als völlig absurde Maßnahme ins Kirchengeschichtsbuch der St. Reinoldi-Gemeinde eingehen werden wird. Sicher hat die Orgel ihre Mängel, auch konstruktive, aber sie ist ein Denkmal des Orgelschaffens einer Geschichtsperiode im Ruhrgebiet, die erst noch aufgearbeitet werden wird. Wir wissen heute, dass dazu oft zwei oder drei Generationen Abstand erforderlich sind, und wir mahnen diese Aufarbeitung unter Beibehaltung der alten Kultwerte an. Es kann einfach nicht sein, dass ein Herr Klaus Müller die Gunst der gegenwärtigen Verunsicherung nutzt, um für sich wieder einmal ein kleines Denkmälchen zu bauen, um dann weiterzuziehen, während historisch gewachsene Kultur durch die ein Volk sich letztendlich auch definiert, zerstört wird. Offener Brief an Pfarrer Neumann von St. Reinoldi - Dortmund (gwm)